Bei der zahnärztlichen Behandlung, insbesondere mit zahnprothetischer Versorgung, können häufig Behandlungsfehler passieren. Zu klären ist, welche Ansprüche einem betroffenen Patienten im Falle einer zahnärztlichen Fehlbehandlung zustehen und ob – und wenn ja in welchem Umfang – es Mitwirkungspflichten eines Patienten gibt.
Dienstvertrag oder Werkvertrag?
Zwischen einem Patienten und dem Zahnarzt besteht ein Behandlungsvertrag. Hinsichtlich der Rechte und Pflichten eines betroffenen Patienten kommt es daher darauf an, ob es sich bei dem Behandlungsvertrag mit dem Zahnarzt um einen Dienstvertrag oder um einen Werkvertrag handelt.
Der Zahnarzt schuldet keinen Behandlungserfolg, sondern seine Dienstleistung. Deshalb ist auch der zahnärztliche Behandlungsvertrag ein Dienstvertrag (§§ 611f. BGB) und nicht wie bei einem Handwerker ein Werkvertrag, bei dem ein Erfolg geschuldet wird.
Auch bei der Anfertigung von Zahnersatz gilt, dass der zahnprothetische Behandlungsvertrag ein Dienstvertrag ist, obwohl der Zahnarzt hierbei handwerklich stark gefordert ist. Auch bei einem zahnprothetischen Behandlungsvertrag wird kein Erfolg geschuldet, da die Reaktion des Körpers auf den Zahnersatz nicht sicher vorhersehbar ist. Dies gilt allerdings nicht für die technische Herstellung des Zahnersatzes, da Fehler im Herstellungsprozess nicht auf die Reaktion des Körpers des Patienten zurückzuführen sind. Für die technische Herstellung der Prothese gilt daher Werkvertragsrecht, unabhängig davon, ob der Zahnersatz im gewerblichen Labor oder im Praxislabor hergestellt wird. Die technische Herstellung des Zahnersatzes betreffend wird also ein Erfolg geschuldet.
Die Ansprüche bei fehlerhafter zahnärztlicher Behandlung
Die Ansprüche wegen fehlerhafter zahnärztlicher Behandlung nehmen stark zu. Die Patienten fordern häufig zunächst von den Zahnärzten das zahnärztliche Honorar zurück, sodann Schmerzensgeld und Nachbehandlungskosten. Selten wird ein Zahnarzt auf Nachbesserung in Anspruch genommen.
Der geforderte Behandlungsstandard
Vom Zahnarzt wird betreffend die eigentliche Behandlung zwar kein Erfolg, aber die Beachtung der anerkannten Regeln der Zahnheilkunde geschuldet. Gefordert ist der sogenannte Facharztstandard: Ein Zahnarzt muss so handeln, wie es von einem gewissenhaften und aufmerksamen Arzt seines Fachbereichs in der jeweiligen Situation erwartet wird. Die Entwicklung der medizinischen Wissenschaft ist zu beachten. Zum Facharztstandard gehört aber nichts, was in Fachkreisen noch umstritten ist.
Das Nachbesserungsrecht des Zahnarztes
Von Bedeutung ist, ob der Zahnarzt das Recht hat, den von ihm eingegliederten Zahnersatz nachzubessern, also eventuell noch vorhandene Fehler zu beseitigen.
Grundsätzlich kennt das Dienstvertragsrecht ein solches Nachbesserungsrecht nicht. Grund ist, dass kein bestimmter Erfolg geschuldet ist. Der Dienstvertrag verpflichtet nur, dazu, jederzeit entsprechend den Vorschriften zu arbeiten. Wenn nicht richtig gearbeitet wurde, kann dies auch nicht mehr nachgeholt werden.
Allerdings hat die Rechtsprechung in diversen Urteilen ein entsprechendes Nachbesserungsrecht des Zahnarztes entwickelt. Grund hierfür ist, dass der Zahnarzt die Passgenauigkeit, insbesondere also den einwandfreien und schmerzfreien Sitz von Zahnersatz, nicht immer auf Anhieb herbeiführen kann. Der Patient muss daher Korrekturen an Zähnen und Zahnersatz dem Zahnarzt gestatten (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.06.1986, Az. 8 U 279/84).
Aus dem Nachbesserungsrecht des Zahnarztes folgt umgekehrt die Pflicht des Patienten, eine solche Nachbesserung zu ermöglichen. Ermöglicht er diese nicht, kann der Patient eventuell vorhandene Fehler des Zahnarztes nicht mehr rügen und er muss das volle Honorar zahlen.
Patienten können den Einwand erheben, dass sie das Vertrauen in den Zahnarzt verloren haben und deshalb wäre die Ermöglichung einer weiteren Behandlung nicht zumutbar. Dieser Einwand greift in der Regel nicht durch, wenn er nur mit der Mangelhaftigkeit des Zahnersatzes begründet wird.
Das Nachbesserungsrecht gilt aber nicht grenzenlos. Beliebig viele Nachbesserungsversuche muss ein Patient nicht ermöglichen. Es kommt auf den Einzelfall und die Schwierigkeit der Behandlung an sich an.
Zudem kann der Zahnarzt sein Nachbesserungsrecht verwirken, wenn er beispielsweise den Patienten beschimpft oder er gegenüber dem Patienten behauptet, der Zahnersatz sei mängelfrei.
Schmerzensgeld
Bei einem Behandlungsfehler durch den Zahnarzt kann dem Patienten grundsätzlich ein Anspruch auf Schmerzensgeld zustehen. Das Schmerzensgeld soll erlittene Schmerzen durch eine Geldzahlung ausgleichen sowie eine gewisse Genugtuung bewirken. Schmerzensgeld wird stets individuell bemessen, einen festen Katalog, welche Zahlung bei welcher Schädigung zu leisten ist, gibt es nicht. Das Schmerzensgeld wird für die fehlerhafte zahnärztliche Behandlung gezahlt.
Der Erfüllungsschaden
Neben dem Schmerzensgeld spielt bei der Zahnarzthaftung der sogenannte Erfüllungsschaden eine wichtige Rolle.
Der Erfüllungsschaden ist der Schaden, der dem Patienten dadurch entsteht, dass der Zahnarzt das eigentliche Ziel der Behandlung nicht erreicht hat. Hierzu zählen die Kosten für die Nachbehandlung bzw. Kosten für die Neuversorgung und das Behandlungshonorar.
Bei Vorliegen einer zahnärztlichen Fehlbehandlung hat der Patient bei unbrauchbarer Leistung des Schädigers ein Wahlrecht, ob er das Behandlungshonorar zurückverlangt oder die Zahlung der Kosten einer Nachbehandlung geltend macht. Demgegenüber ist eine kumulative Geltendmachung des Anspruchs auf Rückzahlung des Behandlungshonorars einerseits und der Kosten einer wegen der mangelhaften Leistung erneut gebotenen Leistung nicht möglich (OLG Oldenburg, Urteil vom 12. August 2015 – 5 U 27/15), weil dies dem Grundsatz der Differenzhypothese widerspräche, nach dem der Geschädigte nur so gestellt werden soll, wie er stünde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Der Patient kann die ärztliche Behandlung nicht faktisch kostenlos erhalten, was den Schädiger unangemessen benachteiligen würde.
Unter Erfüllungsschaden wird also das verstanden, was unter das unternehmerische Risiko des Zahnarztes fällt. Der Zahnarzt trägt die Verantwortung dafür, die von ihm versprochene Leistung ordnungsgemäß zu erbringen. Gelingt ihm das nicht und bleibt die Behandlung für den Patienten vollkommen nutzlos, verliert der Zahnarzt seinen Honoraranspruch.
Über die Haftpflichtversicherung des Zahnarztes sind Schäden an Sachen, die Gegenstand der geschuldeten Leistung sind – sogenannter Erfüllungsschaden – nicht versichert. Ist die zahnprothetische Arbeit behandlungsfehlerhaft mit einem Mangel behaftet, so hat der Zahnarzt seine Pflicht aus dem Behandlungsvertrag nicht oder zum Teil nicht erfüllt. Soweit dies dem Patienten die Möglichkeit eröffnet den Behandlungsvertrag zu kündigen, verliert der Zahnarzt seinen Honoraranspruch, der Patient braucht also nichts zu zahlen oder der Zahnarzt muss, soweit das Honorar bereits geflossen ist, dieses an den Patienten zurückzahlen. Zu dem Honorar gehören auch die Kosten des Labors, in welchem der Zahnersatz gefertigt worden ist. Dieser Einkommensverlust wird von der Haftpflichtversicherung des Zahnarztes in der Regel nicht abgedeckt und muss vom Zahnarzt selbst gezahlt werden.
Fazit
Zwischen Zahnarzt und Patient kommt ein Dienstvertrag zustande. Der Zahnarzt schulet eine Behandlung nach dem Facharztstandard, aber keinen Erfolg. Dem Zahnarzt steht grundsätzlich zunächst ein Nachbesserungsrecht bei Fehlern in der prothetischen Versorgung zu. Diesen Nachbesserungsanspruch muss der Patient grundsätzlich ermöglichen.
Der Schmerzensgeldanspruch aufgrund eines zahnärztlichen Behandlungsfehlers soll die durch den Behandlungsfehler erlittenen Schmerzen kompensieren und eine gewisse Genugtuungsfunktion entfalten. Daneben kommt ein Erfüllungsschaden in Betracht. Der Erfüllungsschaden beinhaltet die Kosten für die Neuanfertigung des mangelhaften Zahnersatzes und auch Rückzahlungsansprüche bzgl. des Behandlungshonorars. Allerdings muss sich der Patient entscheiden, ob er das Behandlungshonorar zurückverlangt oder die Zahlung der Kosten einer Nachbehandlung geltend macht. Der Patient kann die ärztliche Behandlung nicht faktisch kostenlos erhalten.
Hinsichtlich der möglichen Ansprüche aufgrund einer fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung ist daher sorgfältig zu differenzieren. Neben einem Schmerzensgeldanspruch darf der sogenannte Erfüllungsschaden nicht außer Acht gelassen werden. Zu beachten sind auch die Mitwirkungspflichten im Rahmen des Nachbesserungsrechts des Zahnarztes. Zudem ist auch genau zu berechnen, was für einen geschädigten Patienten günstiger ist: die Geltendmachung der Kosten für die Neuanfertigung des mangelhaften Zahnersatzes oder die Rückzahlung des Behandlungshonorars.
Insofern ist eine umfassende Beratung durch eine auch auf Zahnarzthaftung spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei ratsam, damit alle bestehenden Ansprüche erfolgreich durchgesetzt und die bestehenden Obliegenheiten eingehalten werden können.
Ein Beitrag von Daniel Mahr