Erfahrungen & Bewertungen zu Rechtsanwälte Mahr Hannen

Infektion im Krankenhaus und Arzthaftung – Wann besteht Anspruch auf Schmerzensgeld?

Erleidet ein Patient aufgrund eines Hygienemangels einen körperlichen Schaden, kann grundsätzlich ein Anspruch auf finanzielle Entschädigung bestehen.

Was wird geschuldet?

Ausgangspunkt rechtlicher Ansprüche ist der Behandlungsvertrag. Gemäß § 630a Abs. 2 BGB hat die Behandlung nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist. Für den Bereich der Hygiene bedeutet dies, dass das Krankenhaus oder der Arzt seinen vertraglichen Pflichten jedenfalls genügt, wenn bei der Behandlung die zu diesem Zeitpunkt gültigen Standards eingehalten werden. Dieses leitet sich aus den allgemein anerkannten Sorgfaltspflichten und den speziell für den Bereich der Hygiene geschaffenen Vorschriften, vor allem dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) ab, das die Sorgfaltsanforderungen an Hygiene im Krankenhaus maßgeblich prägt. Insbesondere sind die herausgegebenen Empfehlungen der beim Robert-Koch-Institut eingerichteten Kommissionen für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO), sowie Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (ART) relevant. Werden die von diesen Kommissionen veröffentlichten Empfehlungen eingehalten, so wird die Einhaltung des Standes der medizinischen Wissenschaft vermutet (§ 23 Abs. 3 Satz 2 IfSG).

Haftungsrechtlich relevant wird die Keiminfektion also immer dann, wenn die Hygienevorschriften nicht eingehalten wurden und so der erforderliche hygienische Standard nicht eingehalten wird.

Wer trägt die Darlegungs- und Beweislast?

Hinsichtlich der gerügten Hygienemängel und der eingetretenen Infektion trägt grundsätzlich – den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen entsprechend – die Klagepartei die Darlegungs- und Beweislast.

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers, den Eintritt eines Körper- oder Gesundheitsschadens und die Kausalität zwischen Behandlungsfehler und dem Körper- oder Gesundheitsschaden liegt im Arzthaftungsprozess grundsätzlich beim Patienten und zwar sowohl für Ansprüche aus Vertrag als auch aus Delikt (OLG München vom 26.09.2013 – Az. 1 U 1665/12 – Rz. 43). Dies entspricht den allgemeinen prozessrechtlichen Grundsätzen, dass die klagende Partei alle ihr günstigen Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch beweisen muss.

Vielen Betroffenen fällt es im Schadensfall schwer, das Krankenhaus zu verklagen und ihre Ansprüche gegen die Klinik vor Gericht durchzusetzen. Denn dort muss grundsätzlich der Patient zunächst schlüssig darlegen (und auch beweisen), dass seine Erkrankung auf mangelnde Hygiene im Krankhaus zurückgeht. Da der Patient naturgemäß keine medizinischen Kenntnisse oder Informationen über die Abläufe im Krankhaus hat, ist bereits die schlüssige Darlegung eines Hygienefehlers in den meisten Fällen nur schwer oder gar nicht möglich.

Der BGH hat dieses Problem erkannt und bereits 2016 entschieden, dass es für die Darlegungslast genügt, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die einen Hygienefehler vermuten lassen (BGH, Beschluss vom 16.08.2016 – VI ZR 634/15). Dann sei es Sache des Krankenhauses darzulegen, dass die geltenden Hygienestandards des Robert-Koch-Instituts (RKI) eingehalten wurden (sogenannte sekundäre Darlegungslast). Diese Rechtsprechung hat der BGH nun mit seinem Urteil vom 19. Februar 2019 – VI ZR 505/17 bestätigt.

Neben der schlüssigen Darlegung eines Hygienefehlers muss der Patient auch einen solchen Hygienefehler grundsätzlich vollständig beweisen. Auch diesbezüglich befindet sich der Patient in erheblicher Beweisnot, da er in der Regel keine Kenntnisse oder Informationen von internen Abläufen im Krankenhaus hat.

Gibt es Ausnahmen von diesem Grundsatz?

Aufgrund dieser Beweisnot hat die obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Patient die Beweislast trägt, entwickelt.

Ausnahmen von diesem Grundsatz ergeben sich nur dort, wo sich ein Risiko verwirklicht, das von der Behandlerseite aus hätte voll beherrscht werden können und müssen. Erst im Falle eines sogenannten „voll beherrschbaren Risikos“ muss die Behandlerseite darlegen und beweisen, dass sie alle erforderlichen organisatorischen und technischen Vorkehrungen ergriffen hatte, um das Risiko zu vermeiden (BGH vom 08.01.1991 – Az. VI ZR 102/90 – Rz. 11 BGH vom 16.08.2016 – Az. VI ZR 634/15 – Rz. 6; so nunmehr auch in dem seit Februar 2013 geltenden § 630h Abs. 1 BGB).

Was ist der voll beherrschbare Risikobereich?

Voll beherrschbare Risiken sind, wie der BGH (Urteil vom 16.08.2016 – Az. VI ZR 634/15 – Rz. 6) ausgeführt hat,

„dadurch gekennzeichnet, dass sie durch den Klinik- oder Praxisbetrieb gesetzt werden und durch dessen ordnungsgemäße Gestaltung ausgeschlossen werden können und müssen. Sie sind abzugrenzen von den Gefahren, die aus den Unwägbarkeiten des menschlichen Organismus bzw. den Besonderheiten des Eingriffs in diesen Organismus erwachsen und deshalb der Patientensphäre zuzurechnen sind. Denn die Vorgänge im lebenden Organismus können auch vom besten Arzt nicht immer so beherrscht werden, dass schon der ausbleibende Erfolg oder auch ein Fehlschlag auf eine fehlerhafte Behandlung hindeuten würden (Senatsurteil vom 18. Dezember 1990 – VI ZR 189/90, VersR 1991, 310, 311). Dem  voll beherrschbaren Bereich ist beispielsweise die Reinheit des benutzten Desinfektionsmittels (Senatsurteil vom 09. Mai 1978 – VI ZR 81/77, VersR 1978, 764) oder die Sterilität der verabreichten Infusionsflüssigkeit (Senatsurteil vom 03. November 1981 – VI ZR 119/80, VersR 1982, 161) zuzurechnen. Gleiches gilt für die vermeidbare Keimübertragung durch an der Behandlung beteiligte Personen (Senatsurteile vom 20. März 2007 – VI ZR 158/06, BGHZ 171, 358 Rn. 8 f.; vom 08. Januar 1991 – VI ZR 102/90, VersR 1991, 467, 468). All diesen Fällen ist gemeinsam, dass objektiv eine Gefahr besteht, deren Quelle jeweils festgestellt und die deshalb mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann (Senatsurteil vom 20. März 2007 – VI ZR 158/06, BGHZ 171, 358 Rn. 11). Bei ungeklärter Infektionsquelle kommt eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast nach den Grundsätzen über das vollbeherrschbare Risiko dagegen nicht in Betracht. Sie tritt vielmehr nur dann ein, wenn feststeht, dass der Gesundheitsschaden aus der von der Behandlungsseite vollbeherrschbaren Sphäre hervorgegangen ist (vgl. Senatsurteile vom 20. März 2007 – VI ZR 158/06, BGHZ 171, 358 Rn. 9; vom 17. Januar 2012 – VI ZR 336/10, VersR 2012, 363 Rn. 20; vom 18. Dezember 1990 – VI ZR 189/90, VersR 1991, 310, 311; vom 08. Januar 1991 – VI ZR 102/90, VersR 1991, 467, 468).“

Was folgt daraus?

Nach der Rechtsprechung muss auch im Falle eines behaupteten Hygienemangels zunächst der Patient den Nachweis führen, dass eine bei ihm eingetretene Infektion aus einem hygienisch beherrschbaren Bereich der Behandlerseite hervorgegangen sein muss (BGH vom 08.01.1991 – Az. VI ZR 102/90 – Rz. 11). Erst wenn dies feststeht, kann eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast für die Kausalität eines Hygienemangels für eine Infektion und zugleich auch für das Verschulden hinsichtlich des Hygienemangels angenommen werden. Denn absolute Keimfreiheit gibt es im Operationsbereich nicht. Im Hinblick darauf gehören Keimübertragungen, die sich aus nicht beherrschbaren Gründen und trotz Einhaltung der gebotenen hygienischen Vorkehrungen ereignen, zum entschädigungslos bleibenden Krankheitsrisiko des Patienten; das Auftreten einer Infektion als solches stellt keinen Anhaltspunkt für einen haftungsbegründenden Hygienemangel dar (BGH vom 08.01.1991 – Az. VI ZR 102/90 – Rz. 11; vgl. dazu auch BGH vom 16.08.2016 – Az. VI ZR 634/15 – Rz. 6 zu einer Infektion mit sensiblem Staphylococcus aureus; OLG Hamm 20.03.2012 – Az. 26 U 78/11 – Rz. 66 f. zu einer Infektion mit MRSA).

Fazit

Die rechtlichen Konsequenzen mangelnder Hygiene sind gravierend. Bei Hygienemängeln führt also deren Aufdeckung regelmäßig zur Haftung desjenigen, der für die Einhaltung der geltenden Standards organisatorische Vorkehrungen treffen muss. Die Rechtsprechung hilft Patienten zunächst bei der Darlegung von Hygienefehlern über das Instrument der sekundären Darlegungslast. Zudem löst die Rechtsprechung die Beweisnot der Patienten über das Konstrukt des voll beherrschbaren Risikobereiches. Denn sobald der Infektionsfall dem hygienisch beherrschbaren Bereich zuzuordnen ist und sich damit ein Risiko verwirklicht hat, das durch den Arzt gesetzt wurde und durch sachgerechte Organisation objektiv vermeidbar war, kommt dem Patienten eine enorme Beweiserleichterung zugute.

Insofern bestehen aufgrund der erheblichen Erleichterung bei der Darlegungs- und Beweislast von Hygienefehlern gute Aussichten, Schadensersatzansprüche diesbezüglich erfolgreich geltend zu machen.

Ein Beitrag von Daniel Mahr

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Landgericht Hamburg, Az. 323 O 12/20
Medizinrecht – Arzthaftungsrecht –Behandlungsfehler Fehlende Indikation, Darmriss nach einer Leistenhernie-Operation, 20.000, – EUR

Die Klägerin wurde nach multiplen Voroperation aufgrund bestehender Unterbauchschmerzen mit Verdacht auf Leistenhernie links in das Krankenhaus der Gegenseite eingewiesen. Es wurde daraufhin die Indikation zur Operation der sogenannten epigastrischen Hernie gestellt und die Klägerin noch am selben Tag aufgeklärt, wobei spezielle Risiken oder Alternativen zur Operation auf dem Aufklärungsbogen nicht zu finden waren. Circa einen Monat später erfolgte die stationäre Aufnahme und die besprochene Operation. Unmittelbar nach der Operation bestand bei der Klägerin eine auffällige klinische Symptomatik. Trotz Medikamentengabe bestanden starke Schmerzen und Übelkeit. Als die liegende Redon-Drainage ohne Sog mit 320 ml gefüllt war, wobei sich trübes Sekret entleerte, wurde die Indikation zur Re-Operation gestellt. Intraoperativ zeigte sich, dass das Bauchfell eröffnet und eine Darmschlinge (Jejunum) quer zur Verlaufsrichtung eingerissen war. Zudem lag ein Wanddefekt des Dünndarms vor. Es wurden insgesamt 30 cm des Dünndarmes entfernt, die Darmenden wieder reanastomosiert und der Wanddefekt übernäht. Postoperativ förderte die in der Bauchhöhle befindliche Drainage weiterhin trübes Sekret. Unter dem Verdacht auf eine erneute Dünndarmleckage erfolgte noch am selben Tag die erneute Re-Operation. Nach Wiedereröffnung des Bauchraumes fand sich dann im Bereich der während der vorausgegangenen Operation übernähten Wandläsion eine Perforation. Es wurde daraufhin die bei der Voroperation angelegte Anastomose aufgelöst und der Darm nachreseziert. Es erfolgten eine erneute Anastomose des Dünndarmes und ausgiebige Spülung des Bauchraumes. Das Bauchfell und die Faszie wurden wieder fortlaufend verschlossen. Nach der Operation trat jedoch Wundheilungsstörung auf. Aus der Wunde wurde ein multiresistenter gramnegativer Keim isoliert, welcher resistenzgerecht behandelt wurde. Nach der Entlassung befand sich die Klägerin in der Rehabilitation.

Unter der Prämisse, dass bei der Klägerin keine Beschwerden vorlagen, bzw. dass keine hinreichende Aufklärung über die Behandlungsalternativen erfolgte, wurde die Indikationsstellung zur Operation als behandlungsfehlerhaft bewertet. Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens konnten wir eine Einigung mit der Gegenseite erzielen.

Landgericht Magdeburg, Az. 9 O 60/21
Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – unterlassene Befunderhebung Pankreatitis und Sepsis nach einer ERCP-Untersuchung, 20.000, – EUR

Nach einer endoskopischen retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) zur Entfernung der Gallensteine traten bei dem Patienten Beschwerden ein. Am Folgetag veranlasste der Assistenzarzt ein urologisches Konsil. Schließlich veranlasste der Urologe eine CT-Untersuchung des Abdomens. Die CT-Untersuchung ergab freie Luft intraabdominell sowie freie Flüssigkeit in der rechten Kolonrinne bis zum Unterbauch reichend. Beim Verdacht auf Verletzung des Duodenums im Rahmen der ERCP wurde der Patient einer Notoperation unterzogen. Postoperativ kam es zum Anstieg der Lipase, des CRP-Wertesund zum starken Abfall des Kalziumwertes. Diese nekrotisierende Pankreatitis führte bei massiv nötiger Flüssigkeitssubstitution zu einem Anstieg des abdominellen Drucks und in der Folge zum Kompartmentsyndrom, welches die Blutzirkulation in den betreffenden Oberbauchorganen des Patienten noch einmal deutlich verschlechtert hat, was schließlich zu ausgedehnten Nekrosen im gesamten Oberbauchbereich, zur Sepsis und letztendlich zum Tod des Patienten geführt hat. Im Rahmen des durch den Sohn des Verstorbenen geführten gerichtlichen Verfahrens konnten Aufklärungsfehler und mehrere Behandlungsfehler nachweisen werden. Auch wenn eine Bauchspeicheldrüsenentzündung sowie eine Perforation grundsätzlich mögliche Risiken einer ERCP darstellen, wurde in dem konkreten Fall eine technische Ausführung angewandt, die die Risiken der Untersuchung deutlich erhöht hat. Die ERCP wurde nämlich in Anwendung der sonographisch gestützten Methode durchgeführt, die nicht dem Standard entspricht. Dadurch waren die Risiken der Untersuchung deutlich höher als im Rahmen der standardisierten Ausführung, worüber der Patient besonders aufzuklären wäre. Des Weiteren wurde eine ordnungsgemäße Nachuntersuchung unterlassen. Nach der ERCP-Untersuchung, spätestens bevor der Patient wieder essen durfte, hätte zwingend eine klinisch ärztliche Kontrolle erfolgen müssen. Darüber hinaus erfolgte die Übergabe an den Nachtdiensthabenden fehlerhaft, indem nicht über die komplizierte ERCP berichtet wurde, was zur falschen Differentialdiagnostik im Weiteren Verlauf geführt hat. Die zu spät erfolgte CT- Untersuchung wurde als Befunderhebungsfehler gewertet. Die verzögerte Diagnostik führte zum schweren Verlauf und Tod des Patienten.

Landgericht Magdeburg, Az. 9 O 60/21
Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – unterlassene Befunderhebung Pankreatitis und Sepsis nach einer ERCP-Untersuchung, 20.000, – EUR

Nach einer endoskopischen retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) zur Entfernung der Gallensteine traten bei dem Patienten Beschwerden ein. Am Folgetag veranlasste der Assistenzarzt ein urologisches Konsil. Schließlich veranlasste der Urologe eine CT-Untersuchung des Abdomens. Die CT-Untersuchung ergab freie Luft intraabdominell sowie freie Flüssigkeit in der rechten Kolonrinne bis zum Unterbauch reichend. Beim Verdacht auf Verletzung des Duodenums im Rahmen der ERCP wurde der Patient einer Notoperation unterzogen. Postoperativ kam es zum Anstieg der Lipase, des CRP-Wertesund zum starken Abfall des Kalziumwertes. Diese nekrotisierende Pankreatitis führte bei massiv nötiger Flüssigkeitssubstitution zu einem Anstieg des abdominellen Drucks und in der Folge zum Kompartmentsyndrom, welches die Blutzirkulation in den betreffenden Oberbauchorganen des Patienten noch einmal deutlich verschlechtert hat, was schließlich zu ausgedehnten Nekrosen im gesamten Oberbauchbereich, zur Sepsis und letztendlich zum Tod des Patienten geführt hat. Im Rahmen des durch den Sohn des Verstorbenen geführten gerichtlichen Verfahrens konnten Aufklärungsfehler und mehrere Behandlungsfehler nachweisen werden. Auch wenn eine Bauchspeicheldrüsenentzündung sowie eine Perforation grundsätzlich mögliche Risiken einer ERCP darstellen, wurde in dem konkreten Fall eine technische Ausführung angewandt, die die Risiken der Untersuchung deutlich erhöht hat. Die ERCP wurde nämlich in Anwendung der sonographisch gestützten Methode durchgeführt, die nicht dem Standard entspricht. Dadurch waren die Risiken der Untersuchung deutlich höher als im Rahmen der standardisierten Ausführung, worüber der Patient besonders aufzuklären wäre. Des Weiteren wurde eine ordnungsgemäße Nachuntersuchung unterlassen. Nach der ERCP-Untersuchung, spätestens bevor der Patient wieder essen durfte, hätte zwingend eine klinisch ärztliche Kontrolle erfolgen müssen. Darüber hinaus erfolgte die Übergabe an den Nachtdiensthabenden fehlerhaft, indem nicht über die komplizierte ERCP berichtet wurde, was zur falschen Differentialdiagnostik im Weiteren Verlauf geführt hat. Die zu spät erfolgte CT- Untersuchung wurde als Befunderhebungsfehler gewertet. Die verzögerte Diagnostik führte zum schweren Verlauf und Tod des Patienten.

Landgericht Münster, Az. 108 O 5/22
Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – Diagnose- und Befunderhebungsfehler Lungentumor, grob fehlerhafte Beurteilung des radiologischen Befundes, gerichtlicher Vergleich nach Anwaltswechsel 30.000, – EUR

Auf den Röntgenbildern war eindeutig ein großer Rundherd im Mittel- und Oberlappen der rechten Lunge zu erkennen. Bei einem solchen offenkundig vorliegenden radiologischen Veränderung, musste von einem Lungentumor unklarer Genese ausgegangen werden, der einer zeitnahen weiteren Abklärung bedurfte. Der Rundherd war so eindeutig zu erkennen, dass das Übersehen als grob fehlerhaft bewertet wurde. Aufgrund des Befundes hätte man den Erblasser zur weiteren Diagnostik in eine spezielle pneumologische/thoraxchirurgische Abteilung überweisen müssen. Zu diesem Zeitpunkt wies der Tumor mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit eine geringe Größe auf. Es hätte auf jeden Fall eine Abklärung des Prozesses im Bereich der rechten Lungenseite in die Wege geleitet werden müssen. Stattdessen wurden eine manuelle Therapie, eine isometrische Reflexionstherapie und eine manuelle Mobilisation des Patienten durchgeführt. Im weiteren Verlauf trat ein anhaltender Husten mit atemabhängigen Schmerzen rechts thorakal auf, so dass durch den Hausarzt eine erneute radiologische Abklärung verordnet wurde. Die Röntgenaufnahmen ergaben eine unklare Raumforderung rechts thorakal. Es schloss sich eine stationäre Aufnahme an. Es erfolgte eine Computertomographie, die eine große tumoröse pleurale Raumforderung mit soliden und liquiden Anteilen rechts im Lungenoberfeld mit Infiltration der Thoraxwand und ohne Anhalt für ein zentrales Bronchialkarzinom beschrieben hat. Zytologisch konnte kein Malignom nachgewiesen werden, so dass eine explorative Thorakoskopie mit dem Versuch, den Tumor zu lösen, erfolgt ist. Hierbei kam es zu einer Tumoreröffnung mit diffuser Verteilung von Tumorinhalt. Es entstand eine intratumoröse Blutung, so dass der thorakoskopische Eingriff auf eine konventionelle offene Thorakotomie umgestellt werden musste. Es folgt dann eine palliative Oberlappenresektion.

Wir übernahmen das Mandat im Laufe des gerichtlichen Verfahrens. Neben dem groben Diagnosefehler des Radiologen konnten grobe Fehler bei der präoperativen Diagnostik nachgewiesen werden. Die Tumoreröffnung war unmittelbare Folge des Nichtbeachtens der Therapieempfehlungen und des allgemein üblichen chirurgischen Vorgehens. Die Verschleppung des Tumormaterials hat definitiv zu einer palliativen Situation geführt. Die Tumoraussaat war Ausgangspunkt der frühen Rezidiv- Entwicklung und der maximal schlechten Prognose der Tumorsituation.

Landgericht Mainz, Az. 2 O 358/20

Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – Diagnosefehler Pankreaskarzinom, grob fehlerhafte Beurteilung des radiologischen Befundes, gerichtlicher Vergleich nach Anwaltswechsel 40.000, – EUR

Neben der durch den Beklagten erkannten zystischen Raumforderung ergab die MRT-Untersuchung eine weitere Raumforderung im Übergangsbereich von Pankreaskopf zum Pankreascorpus. Diese wurde durch den Radiologen behandlungsfehlerhaft übersehen. Unter Berücksichtigung der Voruntersuchung mittels Ultraschalls, die eine explizite Fragestellung an den Radiologen mit einer genauen Lagebezeichnung richtete, erschien der Fehler des Radiologen nicht mehr verständlich. Die Raumforderung konnte auch nicht übersehen werden, so dass die Beweisaufnahme durch Befragung des radiologischen Sachverständigen einen groben Behandlungsfehler ergab und zur Beweislastumkehr führe. Durch die fehlerhafte Beurteilung des radiologischen Befundes wurde die weitere Abklärung des Befundes unterlassen. Dadurch konnte auf den damals mit überwiegender Wahrscheinlichkeit lokalen und noch operablen Befund des Pankreaskarzinoms nicht rechtzeitig reagiert werden, was zum Tod der Patientin führte. Bei einer zeitnahen Operation hätte die Patientin eine Chance für eine längere Lebenserwartung über mehrere Jahre gehabt.

Wir übernahmen das Mandat im Laufe des gerichtlichen Verfahrens. Kurz nach dem Anwaltswechsel konnten wir das Verfahren erfolgreich im Wege eines Vergleiches abschließen. Die Gegenseite zahlte sowohl Schmerzensgeld für die verstorbene Patientin als auch Hinterbliebenengeld für den das Verfahren führenden Sohn.

Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – Behandlungsfehler behandlungsfehlerhafte Verzögerung der Sectio Geburt bei Uterusruptur, 91.892, – EUR

Aufgrund einer fehlerhaften Geburtsleitung erlitt sowohl die Mutter als auch das Kind gesundheitliche Schäden. Die Beschwerden der Patientin wurden nicht ernst genommen und somit die Anzeichen der Uterusruptur missachtet. Auch wenn das Ultraschallbild unauffällig war, bestand aufgrund von starken Schmerzen sowie Vorwölbung im rechten Unterbauch zumindest ein Verdacht auf eine Ruptur. Auf diesen Verdacht hätte die Ärzteschaft reagieren und von der spontanen Geburt zur Sectio übergehen müssen. Auch in dem weiteren Verlauf wurde das Sectio behandlungsfehlerhaft verzögert. Von der ersten Auffälligkeit im CTG bis zur Geburt des Kindes dauerte es über eine Stunde. Die Lage wurde trotz eindeutiger Auffälligkeiten behandlungsfehlerhaft nicht als Notsectio eingestuft. Der in den Leitlinien (AWMF 015-084 Sectio caesarea) geforderte Zeitraum von maximal 20 Minuten wurde deutlich überschritten. Die Gabe von Oxytocin erhöhte das Risiko der Ruptur zusätzlich, worüber die Patientin ebenfalls nicht aufgeklärt wurde, was einen weiteren Aufklärungsfehler darstellt. Aufgrund der fehlerhaften Geburtsleitung wurde sowohl die Mutter als auch ihr Kind in eine lebensbedrohliche Situation gebracht. Hätten die Ärzte ordnungsgemäß auf die vorliegenden Auffälligkeiten reagiert, wäre eine Notsectio-Geburt umgehend eingeleitet worden. Somit hätte die bei dem Neugeborenen eingetretene schwere Asphyxie vermieden werden können.

Im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung erzielten wir neben dem Schmerzensgeld für die Mutter, Schmerzensgeld für das Kind sowie eine Absicherung des Kindes für alle nicht absehbaren künftigen materiellen und immateriellen Schäden.

Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – Geburtsschaden Tetraparese infolge eines Behandlungsfehler, schwere körperliche und geistige Behinderung, 2 Mio. EUR

Während der Geburt kam es auf Grund von Behandlungsfehlern zur Unterbrechung der Sauerstoffversorgung des Kindes, was zur schweren Hirnschädigung führte. Es entwickelte sich eine Tetraparese. Die körperlichen und geistigen Einschränkungen führten zur Schwerstbehinderung des Kindes.

Die Familie kontaktierte uns und bat um Übernahme des laufenden Mandates. Nach einer detaillierten Bezifferung aller Schadenspositionen konnten wir zunächst eine Erhöhung der monatlichen Rente erreichen. Im Laufe der weiteren Verhandlung wurden von der Gegenseite neben den bereits angefallenen auch Kosten für weitere erforderlich gewordenen Umbaumaßnahmen übernommen. Insbesondere jedoch wurde eine Absicherung des Kindes für die Zukunft erreichen, indem eine lebenslange Pflege unabhängig von der monatlichen Rente gewährleistet bleibt.

Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – Behandlungsfehler Nervenschädigung bei einer operativen Versorgung der Ellenbogenluxation, 65.000, – EUR

Der Kläger wurde nach einem Sturz wegen Ellenbogenluxation am rechten Arm behandelt. Es wurden mehrere Operationen zur Stabilisierung des Ellbogens durchgeführt. Bei der letzten Operation hätte die Palmaris longus-Sehne an der Beugeseite des rechten Handgelenkes entnommen und zur Stabilisierung die lateralen Bandsysteme am rechten Ellbogengelenk verwendet werden müssen. Dabei wurde die Schädigung des Nervus medianus verursacht. Ursächlich für die Schädigung war die Entnahme der Sehne des Musculus palmaris longus mit dem Sehnenstripper. Anstatt des Nervus medianus hätte die Palmaris longus Sehne entnommen werden müssen. Die Identifizierung der Palmaris longus Sehne und damit die Vermeidung der Entnahme des Nervus medianus stellte nach Einschätzung des Sachverständigen ein für den Operateur voll beherrschbares Vorgehen dar. Die Entnahme eines 30 cm langen Segmentes des Nervens erschien unverständlich und somit als grob fehlerhaft.

Im Termin der mündlichen Verhandlung schlossen wir einen Widerrufsvergleich über 65.000 EUR, der auch rechtskräftig geworden ist.
Medizinrecht – Arzthaftungsrecht – Behandlungsfehler.

Nach einer Laparoskopie wurde der ZVK fehlerhaft im Sitzen entfernt. Dadurch kam es zum Multiinfarktsyndrom aufgrund einer massiven Luftembolie kardinal in beiden Ventrikeln und intrakranial. Die Luftembolie verursachte multiple Hirninfarkte, insbesondere im Versorgungsgebiet der Arteria Cerebra media links und Arteria posterior rechts und im Bereich des Kleinhirns mit initialer Tetraplegie, Critical-Illness-Polyneuropathie.

Wir haben die Gegenseite außergerichtlich mit den Ansprüchen des Patienten konfrontiert. Nach einer langen Auseinandersetzung mit dem gegnerischen Anwalt, konnte Rechtsanwältin Hannen im Wege einer außergerichtlichen Einigung eine zufriedenstellende Entschädigung in Höhe von insgesamt 573.000, – EUR erreichen.
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Was unterscheidet einen Fachanwalt von einem „normalen“ Anwalt?

Um Anwalt/ Anwältin zu sein bedarf es eines erfolgreich abgeschlossenen juristischen Studiums sowie zwei Staatsexamina. Somit hat der Anwalt/ die Anwältin eine Grundausbildung und darf in jedem Rechtsbereich tätig werden.

Fachanwälte zeichnen sich durch eine zusätzliche, besondere Spezialisierung in einem konkreten Rechtsgebiet aus. Den Fachanwaltstitel verleiht die Rechtsanwaltskammer nur, wenn besondere theoretische und praktische Kenntnisse in einem konkreten Rechtsgebiet nachgewiesen werden. Zudem sind die Fachanwälte verpflichtet, sich jährlich fortzubilden.