Welche Ansprüche habe ich nach einem Behandlungsfehler?
Ein ärztlicher Eingriff erfordert Vertrauen. Patient:innen gehen selbstverständlich davon aus, dass sie nach den geltenden medizinischen Standards behandelt werden. Doch was, wenn etwas schiefgeht? Wenn ein ärztlicher Fehler vorliegt und dadurch Gesundheitsschäden entstehen?
Ein Behandlungsfehler kann schwerwiegende Folgen haben – sowohl gesundheitlich als auch finanziell. Betroffene fragen sich oft: Welche Ansprüche stehen mir zu? Im Folgenden geben wir einen Überblick über die wichtigsten Ansprüche und erläutern welche Schadensersatzansprüche bestehen, wann Schmerzensgeld gezahlt werden muss, wie Verdienstausfall und weitere Schadenspositionen geltend gemacht werden.
Darüber hinaus erklären wir welche Rolle die Gutachterkommissionen der Ärztekammern in solchen Fällen spielen und wie Sie die notwendige Unterstützung erhalten können.
Welche Schadenspositionen umfasst der Schadensersatz?
Wer durch einen Behandlungsfehler geschädigt wird, kann die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes verlangen. Da dies bei Gesundheitsschäden oft nicht vollständig möglich ist, geht es um einen finanziellen Ausgleich beispielsweise von:
- Heilbehandlungskosten:
Zusätzliche Arztbesuche, Operationen, Medikamente oder Therapien, die wegen des Fehlers notwendig werden. - Rehabilitations- und Pflegekosten:
Kosten für Reha-Maßnahmen, Pflegepersonal oder Anpassungen im Wohnumfeld (z. B. barrierefreie Umbauten). - Sachkosten:
Kosten für benötigte Hilfsmittel (z. B. Brillen, Prothesen, Rollstühle). - Fahrtkosten:
Erforderliche Fahrten zu Ärzten, Kliniken oder Therapeuten. - Haushaltsführungsschaden:
Kann der oder die Geschädigte den eigenen Haushalt nicht mehr führen, können Kosten für Ersatzkräfte ersetzt werden.
Der Schadensersatz nach einem Behandlungsfehler soll sicherstellen, dass Betroffene finanziell nicht auf ihren Nachteilen sitzen bleiben.
Schmerzensgeld – der Ausgleich für immaterielle Schäden
Während der Schadensersatz materielle Verluste ausgleicht, dient das Schmerzensgeld dem Ausgleich für immaterielle Schäden. Dazu zählen:
- Körperliche Schmerzen durch falsche Eingriffe
- Dauerhafte Einschränkungen oder Behinderungen
- Psychische Belastungen (z. B. Depressionen, Angstzustände, Verlust des Vertrauens in Ärzte)
- Einschränkungen in der Lebensqualität
Die Höhe des Schmerzensgeldes wird individuell festgelegt. Faktoren sind unter anderem:
- Schwere und Dauer der Beeinträchtigung
- Alter des Patienten
- Langfristige Folgen (z. B. Arbeitsunfähigkeit, Verlust von Freizeitaktivitäten)
Gerichte orientieren sich dabei an Schmerzensgeldtabellen, in denen ähnliche Fälle dokumentiert sind.
Verdienstausfall – wenn Arbeit nicht mehr möglich ist
Ein Behandlungsfehler kann gravierende Auswirkungen auf das Berufsleben haben. Wer krankheitsbedingt nicht mehr oder nur eingeschränkt arbeiten kann, hat Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls.
Beispiele:
- Arbeitnehmer:innen können das entgangene Gehalt einklagen, sobald die Lohnfortzahlung und das Krankengeld nicht mehr ausreichen.
- Selbständige haben Anspruch auf Ersatz entgangener Gewinne, müssen diese aber detailliert nachweisen (z. B. durch Steuerunterlagen).
- Bei dauerhafter Berufsunfähigkeit können auch Renten- und Versorgungsansprüche geltend gemacht werden.
Weitere mögliche Ansprüche
Neben Schadensersatz, Schmerzensgeld und Verdienstausfall kommen weitere Ansprüche in Betracht:
- Pflegegeld für Angehörige, die zusätzliche Betreuungsleistungen erbringen.
- Unterhaltsschaden für Hinterbliebene, wenn der Behandlungsfehler zum Tod des Patienten führt.
- Zukunftsschaden für zukünftige Kosten, die bereits absehbar sind (z. B. lebenslange Medikamenteneinnahme).
Gutachterkommissionen der Ärztekammern – Unterstützung bei Behandlungsfehlern
Die Gutachterkommissionen der Ärztekammern unterstützen bei Aufklärung der medizinischen Sachverhalte und erstellen medizinische Gutachten. Es ist eine kostenfreie oder kostengünstige Möglichkeit für die Patient:innen eine medizinische Einschätzung der erhobenen Vorwürfe zu erhalten. Achtung! Die Gutachten der Ärztekammer haben für das spätere Verfahren jedoch keine Beweiskraft. Daher ist es empfehlenswert, sich von einem Fachanwalt für Medizinrecht beraten zu lassen, in welchen Fällen ein solches Vorgehen sinnvoll ist.
Wie setze ich meine Ansprüche durch?
- Gedächtnisprotokoll erstellen und Unterlagen aufbewahren: Befunde, Arztbriefe und Rechnungen sammeln.
- Rechtsanwalt für Medizinrecht kontaktieren: Professionelle Unterstützung ist entscheidend, um die Ansprüche vollständig und korrekt zu berechnen.
- Außergerichtliche Einigung: Viele Fälle lassen sich bereits durch Verhandlungen mit der Haftpflichtversicherung des Arztes lösen.
- Gerichtliche Klage: Wenn keine Einigung möglich ist, bleibt der Gang vor Gericht.
FAQ: Häufige Fragen zu Schadensersatz nach Behandlungsfehler
Wie hoch ist das Schmerzensgeld nach einem Behandlungsfehler?
Das hängt vom Einzelfall ab. Kleinere Beeinträchtigungen führen zu wenigen tausend Euro, schwerste Dauerschäden können Beträge von über 100.000 Euro rechtfertigen.
Muss ich den Behandlungsfehler selbst beweisen?
Grundsätzlich ja. Allerdings gilt in manchen Fällen eine Beweislastumkehr, etwa bei groben Behandlungsfehlern oder Dokumentationsmängeln.
Wie lange kann ich Schadensersatz fordern?
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre ab Kenntnis von Schaden und Schädiger. Bei schwerwiegenden Folgen können längere Fristen gelten.
Lohnt sich der Weg über die Gutachterkommission?
Ja, in vielen Fällen. Das Verfahren ist unkomplizierter und günstiger als ein Gerichtsprozess. Außerdem können die Gutachten später als Beweismittel dienen.
Fazit: Schadensersatz nach Behandlungsfehler konsequent einfordern
Ein Behandlungsfehler ist für Patient:innen ein schwerer Einschnitt. Die gute Nachricht: Das deutsche Recht bietet umfassende Möglichkeiten, Schadensersatz, Schmerzensgeld und Verdienstausfall geltend zu machen.
Die Gutachterkommissionen der Ärztekammern können helfen, die Erfolgsaussichten realistisch einzuschätzen und eine außergerichtliche Lösung zu finden. Wer jedoch ernsthafte Ansprüche durchsetzen möchte, sollte nicht zögern, sich anwaltlich beraten zu lassen.
Wenn Sie einen Behandlungsfehler vermuten, lassen Sie Ihre Unterlagen prüfen und sichern Sie Ihre Ansprüche – bevor Fristen verstreichen.
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