Erfahrungen & Bewertungen zu Rechtsanwälte Mahr Hannen

Schmerzensgeld und Schadensersatz – Die Entschädigung im Arzthaftungsrecht

Unterläuft einem Arzt ein Fehler, kann der geschädigte Patient eine angemessene Entschädigung verlangen. In diesem Fall muss der Arzt oder das Krankenhaus finanzielle Nachteile ausgleichen und Schmerzensgeld zahlen. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz besteht jedoch nur, wenn der Behandlungsfehler zu einem Gesundheitsschaden geführt hat. Eine Entschädigung steht dem Patienten ebenfalls bei einem Aufklärungsfehler zu, wenn sich das nicht aufgeklärte Risiko in Form eines Gesundheitsschadens realisiert hat.

Was ist der Unterschied zwischen dem Schmerzendgeld und dem Schadensersatz?

Das Schmerzensgeld ist im § 235 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Mit dieser Regelung betont der Gesetzgeber, dass grundsätzlich nur ein Vermögensschaden zu ersetzen ist. Nach § 253 Abs. 1 BGB kann ein Schaden, der kein Vermögensschadens ist, nur in Ausnahmefällen kompensiert werden. Diese Ausnahmefälle werden durch den Gesetzgeber im § 253 Abs. 2 BGB konkretisiert: Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung.

Da im Falle von Arzthaftung der Körper des Patienten bzw. seine Gesundheit geschädigt wird, greift die vom Gesetzgeber vorgesehene Ausnahme mit der Folge, dass neben dem Schadensersatz auch Schmerzensgeld verlangt werden kann.

Demnach unterscheidet der Gesetzgeber zwischen dem materiellen Schaden, für welchen der Arzt Schadensersatz zu leisten hat und dem immateriellen Schaden, der mit Schmerzensgeld zu kompensieren ist.

Welche Rolle spielen die Schmerzensgeldtabellen?

Die Bemessung des Schmerzensgeldes ist nicht einfach. Das Schmerzensgeld soll einer angemessenen Entschädigung dienen. Wie lässt sich jedoch die Angemessenheit bei einem nicht bezifferbaren Schaden messen?
Bei der Bezifferung des immateriellen Schadens können die so genannten Schmerzensgeldtabellen hilfreich sein. In den Schmerzensgeldtabellen werden Gerichtsurteile aufgelistet, bei denen Schmerzensgeld zugesprochen wurde. Die bekanntesten Schmerzensgeldtabellen sind:

• Beck’sche Schmerzensgeldtabelle
• Hacks’sche Schmerzensgeldtabelle (Hacks/Ring/Böhm)
• Schmerzensgeldtabelle des Oberlandesgerichts Celle

Die Schmerzensgeldtabellen und die dort aufgeführten Entscheidungen können jedoch lediglich als Orientierung dienen. Maßgeblich ist nämlich die individuelle Betrachtung des Falles. Auch ist die Tendenz der Rechtsprechung zur Zuerkennung höherer Schmerzensgeldbeträge zu berücksichtigen.

Schadensersatz – die Entschädigung des materiellen Schadens

Neben dem Schmerzensgeld können geschädigte Patienten die tatsächlich erlittene Vermögenseinbußen ersetzt verlangen. Wenn das Erwerbseinkommen bedingt durch einen Behandlungsfehler zurückgeht oder Verdienstausfälle (zum Beispiel durch den Wegfall oder die Reduzierung des Erwerbseinkommens) entstehen, so sind diese Schäden ebenfalls von dem Arzt oder dem Krankenhaus zu ersetzen.

Auch Kosten, die für die Pflege oder Hilfsmittel anfallen, sind im Wege des Schadensersatzes durch den Arzt zu ersetzen, sofern diese Leistungen nicht durch die Krankenkasse des geschädigten Patienten getragen werden. In diesem Falle gehen die Ansprüche auf die Krankenkasse über.

Eine nicht zu unterschätzende Schadensposition stellt der Haushaltsführungsschaden dar. Der Haushalt ist ein wichtiger Bestandteil eines jeden Lebens. Wenn plötzlich die Person, die sich um die Wäsche, das Kochen und das Einkaufen kümmert, verletzungsbedingt ausfällt, kann die Familie unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für eine Haushaltshilfe ersetzt verlangen. Nimmt sie diese nicht in Anspruch, so steht der geschädigten Person als Kompensation für die geleistete Mehrarbeit im Haushalt durch andere Familienangehörige ein Schadensersatz in Form des Haushaltsführungsschadens zu.

Ebenso fallen Kosten für bedarfsgerechte Umbaumaßnahmen in der Wohnung, dem Haus oder dem Auto unter den Begriff „Schadensersatz“. Auch können geschädigte Patienten Kosten für Autofahrten zu Arztterminen, Anwaltskosten, Kopierkosten für Behandlungsunterlagen und Kosten eines fachmedizinischen Gutachtens ersetzt verlangen.

Daneben können auch Kosten für Hilfsmittel oder eine Anschlussheilbehandlung geschuldet sein. Im Todesfall sind die Kosten der Beerdigung und der Trauerfeier als materieller Schadensersatz zu ersetzen.

Neben dem Schmerzensgeld existiert also eine ganze Reihe weiterer Schadensersatzpositionen, die der geschädigte Patient von dem Arzt oder dem Krankenhaus bzw. deren jeweiliger Haftpflichtversicherung einfordern kann. Zudem können nicht nur die Schäden, die bereits eingetreten sind, geltend gemacht werden. Ebenso können Schäden auch im Rahmen von Rentenzahlungen für die Zukunft geltend gemacht werden, wenn sich diese Schäden auch in Zukunft weiter fortsetzen werden.

Es ist wichtig, jeden Einzelfall individuell und im Detail mit einem erfahrenen Fachanwalt für Medizinrecht zu besprechen, damit Sie zu Ihrem Recht kommen.

Was sind „vermehrte“ Bedürfnisse?

Nach einem Behandlungsfehler kommen zeitweise oder auch dauerhaft hohe finanzielle Belastungen auf die geschädigten Personen und deren Familien zu. Dieser finanzielle Mehraufwand geht weit über das hinaus, was Menschen normalerweise für persönliche Bedürfnisse aufwenden.

Die Formulierung „Vermehrung der Bedürfnisse“ findet sich in § 843 Abs.1 BGB. Hierunter fallen alle unfallbedingten und ständig wiederkehrenden Aufwendungen, die den Zweck haben, die Nachteile auszugleichen, die dem Verletzten infolge dauernder Beeinträchtigungen seines körperlichen Wohlbefindens entstehen. Zu den Vermehrten Bedürfnissen gehören u.a. Pflegekosten, Kleidung, Umbaukosten für ein Kraftfahrzeug (z.B. behindertengerechte Umrüstung), Schaffung einer behindertengerechten Wohnung, elektronische Schreib- und Lesehilfen, Prothesen, etc.

Was ist ein Verdienstausfall?

Der Verdienstausfall wird auch als Erwerbsschaden bezeichnet. Der Arzt hat Schadensersatz für den ausbleibenden Erwerb oder die Nachteile bei dem beruflichen Fortkommen zu leisten. Erfasst werden alle wirtschaftlichen Beeinträchtigungen, die daraus entstehen, dass der Geschädigte seine Arbeitskraft infolge der Schädigung nicht oder nicht in vollem Umfang verwerten kann. Es muss sich um konkrete Einbußen der Einkünfte handeln, nicht um eine abstrakte Einstufung der Behinderung oder Berufsunfähigkeit. Auch bei Selbständigen müssen die Gewinneinbußen konkret (anhand der Einnahmen und Auftragslage der Jahre zuvor) nachgewiesen werden.

Außerdem ist eine Prognose darüber anzustellen, welche Möglichkeiten der Berufsausübung der Geschädigte ohne den Gesundheitsschaden gehabt hätte. Das ist insbesondere bei Kindern, Jugendlichen, Schülern und Studenten wichtig.

Was ist ein Haushaltsführungsschaden?

Verliert der Patient aufgrund des ärztlichen Kunstfehlers die Fähigkeit Arbeiten im Haushalt wie zuvor zu verrichten, stellt sich diese Einbuße als Vermögensschaden dar. Es werden sowohl Defizite in der Selbstversorgung (z.B. bei Alleinlebenden) ersetzt, als auch solche Arbeiten im Haushalt, die für Familienangehörige erbracht worden sind. Zu den Arbeiten im Haushalt zählen auch Gartenarbeiten, Autopflege und Reparaturen im häuslichen Bereich.

Der Geschädigte kann die Kosten für eine Haushaltshilfe verlangen. Wenn er auf die Einstellung einer Haushaltshilfe verzichtet und die Mehrarbeiten von Familienangehörigen oder dem Patienten selbst erbracht werden, ist der erhöhte Zeitaufwand von dem Arzt bzw. dessen Haftpflichtversicherung in Geld zu erstatten.

Was ist ein Unterhaltsschaden?

Wenn das Opfer eines Behandlungsfehlers infolge des Behandlungsfehlers verstorben ist, sind den Unterhaltsberechtigten von dem Arzt die Unterhaltsleistungen zu erstatten. Das regelt § 844 Abs. 2 BGB.
Die Höhe richtet sich allerdings nach den gesetzlichen Unterhaltsansprüchen, nicht nach dem tatsächlich geleisteten (höheren) Unterhalt.

Was bedeutet Schadensminderungspflicht?

Das Opfer eines Behandlungsfehlers unterliegt grundsätzlich der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB. Diese Vorschrift regelt zugunsten des Schädigers die Pflicht des Opfers, Schaden abzuwenden oder zu mindern.

Die Schadensminderungspflicht führt dazu, dass der Patient zumindest versuchen muss, die Arbeitstätigkeit fortzusetzen oder eine anderweitige angemessene Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Auch Umschulungsmaßnahmen können zumutbar sein, die Kosten müssen von dem Arzt ersetzt werden.

Unter dem Aspekt der Vorteilsausgleichung muss sich der Patient außerdem die Kosten anrechnen lassen, die er durch den Wegfall der Erwerbstätigkeit spart. Diese Kosten müssen von der Schadensersatzleistung abgezogen werden. Dabei handelt es sich z.B. um Fahrtkosten zur Arbeitsstätte, Ausgaben für Arbeitskleidung, Beiträge zu Berufsverbänden usw., die nun nicht mehr anfallen.

Wie erlange ich mein Schmerzensgeld und Schadensersatz?

Nach einem Behandlungsfehler stehen Ihnen zahlreiche Ansprüche zu. Der erste Schritt zur gerechten Entschädigung ist eine umfassende Bezifferung aller Schadenspositionen. Nur diejenigen Positionen werden entschädigt, die auch geltend gemacht werden. Dabei ist die Unterstützung eines Spezialisten in Medizinrecht unverzichtbar. Nur ein Fachanwalt mit einer langjährigen Erfahrung kann den Sachverhalt und somit alle in Betracht kommenden Schadenspositionen überhaupt überblicken. Daher gehen wir mit Ihnen alle möglichen Schäden gemeinsam durch und beziffern Ihre Ansprüche individuell und sorgfältig.

Sodann fordern wir den Arzt oder das Krankenhaus zur Entschädigung aller entstanden Schäden auf. Zudem sichern wir die in der Zukunft zu befürchtenden Schäden durch eine entsprechende Erklärung der Gegenseite ab.

Unser Ziel ist an der ersten Stelle eine außergerichtliche Einigung, um Ihnen ein langjähriges Gerichtsverfahren zu ersparen. Wenn keine außergerichtliche Einigung erzielt werden kann, zögern wir jedoch nicht, Ihre Ansprüche konsequent gerichtlich geltend zu machen.

Einzelheiten zum Verfahrensablauf lesen Sie in unserem Blogbeitrag:

Der Verfahrensablauf im Arzthaftungsprozess – ein Überblick.

Fazit

Schmerzensgeld und Schadensersatz stellen die zivilrechtliche Konsequenz eines ärztlichen Fehlers dar. Für die Höhe Ihrer Entschädigung ist eine umfassende und sorgfältige Bezifferung aller Schadenspositionen entscheidend. Der Arzt wird nämlich nicht freiwillig Schadenspositionen bezahlen, die Ihr Anwalt nicht gefordert hat. Auch das Gericht kann nur diejenigen Ansprüche zusprechen, die Ihr Anwalt vorher beziffert und begründet hat. Fehler eines Anwalts, der sich im Arzthaftungsrecht nicht auskennt, gehen dabei zu Ihren Lasten.

Ein Beitrag von Anna Hannen und Daniel Mahr

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